Dieser Artikel erschien ursprünglich im Januar 2021 und wurde zwei Jahre später erneuert. Die Erinnerungen und Aufzeichnungen des Staatssekretärs Jonathan werden im Quellenband "Pax Apocalypsis" behandelt, auch zum "neuen Sündenfall der Welt "Terra".
Zwischen Pflicht und Gewissen - Suche nach Kompromissen des Lebens
Staatssekretär Jonathan ("Gott sendet...") schreibt die Chroniken der Welt "Terra" im Buch "Pax Apocalypsis" (Offenbarung beziehungsweise "Untergang" des ewigen (Eis-) Friedens) nach seiner zehnjährigen Gefängnisstrafe. Das war ein Kompromiss zu dem Aspekt, dass er ja hätte weglaufen und "Nein" hätte sagen können, anstatt es jedem Recht zu machen, um es vorsichtig zu sagen. Zwar wurde anerkannt, dass er versuchte, verfolgten Menschen zu helfen, brachte sich aber selbst in Lebensgefahr und er leitete dennoch schreckliche Befehle weiter. Bei den Nachfolgeprozessen gegen Mitarbeiter des Innenministeriums wurde er gefasst und angeklagt. Der Innenminister selbst war auf dem zweiten Welttribunal der UNO 2108 zum "Tode durch den Strang" verurteilt worden. Jonathan versuchte, die Listen zumindest für seinen Amtsbereich zu fälschen ("Jonathans Liste"), damit manche Menschen Zeit gewinnen, den Staat zu verlassen, bevor sie gefasst werden konnten. Als das Militär und die Polizei nicht mehr in der Lage waren, den Volksaufstand von 2099 einzudämmen und die Situation eskalierte, wurden neue Maßnahmen getroffen und die Besinnung der Partei gegenüber der fehlenden Selbstverantwortung endgültig am Ende war. Zuvor gab es noch einigermaßen Reformen, bis in die 2070er-Jahre, die dann mehr und mehr versagt wurden und die reformkommunistischen Bewegungen in den 2080er-Jahren gewaltsam unterdrückt wurden (Beginn des Säuberungswahns). Der Artikel soll grundsätzlich auch dafür stehen, dass die digitale Welt nicht ohne Barbarei ist, selbst wenn es nur fiktive Menschen sind, so kann die Situation ganz schnell umschlagen. Sie kann zu einem Ventil für untergedrückte Gewalt in der Realität sein, aber das kann keine Entschuldigung sein, besonders wenn die Situation auch (real) eskalieren kann. Doch in dieser Hinsicht ist es im fiktiven Griechenland ein sehr erhebliches Extrem, das sich auch real abgespielt hat, wobei die Begründungsmuster doch anders sind:
Das Ende der Besinnung im Laufe der Zeit
Die Besinnung endete langsam, aber gewiss, dass sie nicht mehr kontextuell genug urteilte beziehungsweise Machtansprüche von vermeintlichen "Königskommunisten" nicht aufgegeben wurden. Das "Problem" war, dass die Partei und die Sicherheitsorgane mit dem Terrorismus von Innen und Außen zu kämpfen hatten. Dieser wurde ziemlich rigoros bekämpft, wobei auch der Großteil des Griechischen Volkes auf der Seite dieser Maßnahmen war. Damit verschob sich der Blick der Partei aber mehr und mehr in Richtung einer Paranoia. Man hatte immer mehr Angst, dass noch schlimmere Dinge geschehen beziehungsweise der Machtanspruch der Partei zur Erhaltung eines "Paradieses" immer mehr in Frage gestellt werden würde. Besonders die Methoden der Unterdrückung sorgten für mehr liberale Bestrebungen und weniger für Loyalität, weil die sich abwechselnden Generationen einen anderen Blick auf das "Regime der Alten" warfen. Diese waren nicht mehr die, die sie noch zu Revolutionszeiten waren (!). Georgios Volgin wurde älter und bekam mehr und mehr einen Altersstarrsinn, den er durch eine größere Machtverblendung wohl auszubalancieren versucht hatte, im Sinne vermeintlicher Besserwisserheit und "Erfahrung" durch ältere Personen.
Die erste Generation der GKR, die so genannte "Revolutionsgeneration", die noch die Republik Griechenland erlebte, verstarb in den 2050er- und 2060er-Jahren mehr und mehr. Dann entstand eine "zweite Generation", die einen anderen Blick auf das alte Regime warf. Staatssekretär Jonathan gehörte zu dieser Generation. Zumal waren die wirtschaftlichen Theorien nicht mehr mit der Situation von 2037 vergleichbar, auch wurde der Goldverlust immer größer und es fehlte mehr und mehr an wirtschaftlichen (Import-) Gütern und Devisen. Das Goldmonopol bröckelte bis in die 2090er-Jahre und die Goldkrise führte zu einer "wirtschaftlichen Entschlackung". Das kommunistische Land sah sich bald gezwungen, wieder eine freie Marktwirtschaft zu etablieren, was kaum möglich war, wenn sie ihre Macht nicht verlieren wollten. Nach und nach eskalierte die Situation, bis zuletzt:
Schrecken der Parteikonferenz von 2101
An der geheimen Parteikonferenz der KP in Athen nimmt Jonathan als Schreiber und Beobachter teil. Was er von dort vernommen hatte, überstieg alle menschliche Vorstellungskraft. In Aufzeichnungen und Tagebüchern beschreibt er die Abläufe an der Seite und in der Person eines vermeintlich loyalen Parteianhängers. Zusätzlich sammelt er Chroniken, Quellen der Welt "Terra", Reste der "Alten Welt", die nach dem "Großen Krieg" noch gerettet werden konnten. Für die Beweismittel war das eine wichtige Angelegenheit, bevor Akten und und Aufzeichnungen der Ministerien im Feuchtschredder landen würden. Die Situation des Staates bestand im Folgenden, dass die Partei die Macht verlor und es Aufstände und feindliche Gruppen innerhalb des Landes gab. Sie konnte nicht mehr wirtschaftlich ausreichend Güter bereitstellen. Irgendwann entschied man, die Nahrungsversorgung zu beenden und den Aufstand langsam aushungern zu lassen.
Als das nicht mehr ausreichend war, wurden Methoden besprochen, die weit über das hinaus gehen würde, was die Welt "Terra" jeweils an Verbrechen sehen würde, noch mehr als den "Großen Krieg", wenn man es auf ein Land und eine Sichtweise beschränkt. Es kam zu Plünderungen und Separationen. Die noch vorhandene Justiz war der Meinung, dass Hochverrat vorlag. Gleichzeitig war das Militär und die Polizei zu schwach, um die Macht zu erhalten und man wollte vermeiden, dass Anarchie ausbricht. Die Partei unterschied nicht mehr richtig zwischen Loyalen und Illoyalen, sondern die unbesonnene Wut führte in eine Katastrophe. Besonders schlimm war die Erfahrung der Barbarei. Das Angeschrien-Werden, die Rücksichtslosigkeit, aber nicht allein von Seiten der Partei, sondern auch von den Demonstranten. Auf der Konferenz wird der Begriff "Bürokratie" in neue Dimensionen erhoben. Man kann wirklich von "Schreibtischtätern" sprechen, besonders angesichts einer Computerspielethik ein sehr wichtiger Aspekt (!).
Andererseits konnte das Land nicht zulassen, dass alle Menschen weglaufen, wobei es in dieser Hinsicht immer noch Alternativen gab, aber nicht, wenn andere Länder sich nicht darum kümmern. Gerade die Alternative der Flucht sollte die Menschen vor der einseitigen Selektion retten. Die fiktiven Kommunisten waren nicht mehr die, die sie noch zu Revolutionszeiten waren. Es gab keine diplomatischen Verhandlungen, besonders als klar wurde, dass die Demonstranten Waffen besaßen und darüber geheime Berichte vorlagen. Es wurden Methoden zur Vernichtung des Aufstandes vorgestellt. Jeder, der sich eines noch so kleinen Verbrechens schuldig machte, wurde in unterirdische Folterlager verschleppt und dann geschah dasselbe, wie mit manchen Tieren. Innerhalb von knapp 5 Jahren der "Operation Reinrot" werden ungefähr 2 Millionen Menschen "hingeschlachtet". Der Aufstand hatte schon an Kraft verloren, doch es ging immer weiter, ohne noch Rücksicht zu nehmen (Sadismus/Barbarei im befriedigenden Rahmen der Befehlserfüllung der "Angstketten"). Unter dem 2. Parteisekretär und Chef der Kommunistischen Staatssicherheit Clemens, der ein besonders fanatischer Anhänger von Volgin war, werden "Transporte ohne Rückfahrtkarte" in geheime Bauten mit unterirdischen Kellern veranlasst (s. unten). Die meisten Menschen glaubten, dass sie in "eine bessere Welt" kommen, wo sie nicht mehr hungern müssen. Die Partei wollte kein Risiko mehr eingehen, dass wieder ein Aufstand ausbricht. Die ausgehungerten Menschen werden von Leuten der Staatssicherheit zusammengepfercht und in Transporte verschleppt. Bei der Ankunft kommt es zu keiner Selektion, sondern alle landen in den "temporären Zellen", die die Vorstation der "elektrischen Salzwasserbecken" sind. Die Wassertür wird geschlossen, Strom wird in die Becken geleitet. Geschrei und ein paar Minuten später ist es vorbei, bis eine Humifizierung die Sache "noch nützlich" erledigt. Als das Ausland und die UNO davon erfuhren, beschlossen sie dem kommunistischen Staat ein Ende zu bereiten und es kam zu einem Verteidigungskrieg bis zur Annektierung im Jahr 2107 ("negativer Widerruf").
Das ist die dunkelste Geschichte der Welt "Terra" und auch Zeichen dafür, dass auch manche "Dinge" in der historischen Realität nicht geleugnet werden dürfen (auch angesichts der Wannsee-Konferenz vom 20. Januar 1942), auch wenn das in virtuellen Welten wahrscheinlich eher möglich ist. Man unterschätzt, aus meiner Sicht, die Möglichkeiten, die heute bestehen würden. Es kann immer wieder passieren, ein Völkermord. Was kann man dagegen tun? Vielleicht eine virtuelle Warnung schreiben? Ich selbst leugne nichts (auch als Schreiber der fiktiven Geschichte der Welt "Terra" in ferner Zukunft) und das darf auch nicht passieren. Die späteren Mitglieder und Tyrannen der Kommunistischen Partei haben ihre gerechte Strafe erhalten. Sie waren nicht mehr die, die sie noch 70 Jahre zuvor waren, durch den Generationenwechsel und die schwindende Wirtschaftskraft beziehungsweise den immer größer werdende Widerstand (auch im Rahmen der mangelnden Selbst- und Fremdverantwortung).
Offene Fragen
Welche "Verbrechen" gibt es im virtuellen Raum? Können (fiktive) Menschen ausgeschlossen werden? Was kann man unternehmen? Gegen "digitale Barbareien"?
Wo liegen die Grenzen von "Gummizellen des Glücks", wenn es zu Spannungsfeldern kommt und Meinungen "überstülpt" werden? Kann sie auch schützend sein?
Wie kann man mit heutigen "Selektionen" umgehen? Gibt es noch eine "Alternative des Lebens", wie sie Jonathan ("Gott sendet.") zumindest für eine kleine Gruppe von Menschen ermöglichte? Wird der "Teufel" immer siegen, in der imaginierten und digitalen "Hölle"?
Welche Bedeutung liegt für real-fiktive "Leugner" anderer (realer) Verbrechen vor?
Wie war ein "Folterlager" aufgebaut? Eine "Skizze des Grauens, aber "es" geschah erneut.